Von Holger Bunk

Worte zu Roman Iremashvilis Ausstellung »Gemischte Gefühle«
Galerie PerSeh, Hannover

Sehr geehrte Damen und Herren!

Willkommen zu der Ausstellung von Roman Iremashvili in der Galerie Per-Seh, die ich leider selbst nicht besuchen kann, weil ich selber tief in künstlerische Vorhaben und professorale Pflichten verstrickt bin. Immerhin habe ich die Chance ergriffen, diese Zeilen in der Stuttgarter Aprilsonne bei einer guten Tasse Kaffee zu schreiben, was ein größerer Genuss ist, als am akademischen Schreibtisch auf einen trüben Bildschirm starren zu müssen. – Und beim Thema „Genuss“ sind wir auch schon bei „Rocko“ (wie ich ihn nennen durfte). „Rocko“ bei seinem Aufbaustudium in Stuttgart betreuen, begleiten und fördern zu dürfen war in mehr als einer Hinsicht ein Genuss! Jemand, der zu mir mit einem solchen malerischen Können und Talent, zudem mit solchen Kenntnissen und Humor kommt, ist eigentlich weniger Student als vielmehr inspirierender Kollege. In kurzer Zeit entstanden an seinem Arbeitsplatz zahlreiche anspruchsvolle, aufregende und engagierte Figurenbilder. Sie erzählten und erzählen von einem malerischen Blick, von einer persönlichen Beteiligung an dem Gesehenen und einem nur zu berechtigten aufrüttelnden Anspruch an den Betrachter. Hier wird etwas mitgeteilt und eine expressive Bildsprache für Tragik und Komik gefunden. Roman Iremashvilis Werk handelt nicht von Abstraktionen, sondern von dem subjektiven Erlebnis der Beziehung von Menschen zueinander, ob es nun die Anteilnahme am Leben Behinderter, das Leiden an Krieg und Konflikt betrifft oder die Freude am Miteinander.

Wenn ich „Rockos“ Bilder sehe tauchen Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse wieder auf: Abende bei gutem Essen und Trinken, zu denen „Rocko“ stets Zutaten aus seiner Heimat mitbrachte. Eine unvergessliche gemeinsame Reise zur Landschaft, zu den gastfreundlichen Menschen Georgiens (innerhalb einer halben Stunde vom gigantischen Stück Fleisch zum selbstgemachten Wein – 3 Gläser hintereinander am Mittag) und dann ein riesiges Blech wunderbaren Kuchen …; aber auch die Fotos vom Russisch-Georgischen Krieg, die wir nur wenige Monate nach unserem Besuch in Stuttgart ausstellten, weil „Rocko“ auf geheimnisvolle Weise auch in besetzte Territorien vordringen konnte.

Dem Besucher von Roman Iremashvilis Ausstellung sollte bewusst sein, dass einer der Hindergründe dieser Malerei das wunderbare Kulturland Georgien ist. Dieses Land wurde immer wieder durchwandert und besetzt von benachbarten Kulturen und Mächten und hat deshalb eine jahrhundertealte Tradition sich zu ändern, zu öffnen, zu vermitteln, aber auch vom Willen zur Selbstbehauptung zu erzählen.

Roman Iremashvili ist mit seinen erzählerischen Bildern ein guter Maler und Botschafter, ein Berichterstatter, dessen Bilder auch von seinem Willen berichten, sich in seiner Individualität zu behaupten. Zumindest in seiner Malerei triumphieren das künstlerische Können und der bekenntnishafte Blick eines Einzelnen über die großen Kräfte, die wir nicht beeinflussen können. Aber auch dort, wo wir unterliegen hat Roman Iremashvili in seinen Bildern für uns eine Empfehlung: Den Humor.


Holger Bunk
Stuttgart, 25.4.12