Über Holger Bunk

Artothek im Bonner Kunstverein

Bestandskatalog Holger Bunk

Holger Bunks Bilder erklären sich aus dem Machen: er entwirft seineIdeen, Illusionen in Formen von Figuren und Räumen auf Leinwand oder Papier. Die malerische Erfindung ist die Vergegenständlichungseiner Ideenwelt. Malen und Denken ist in Holger Bunks Werken nicht voneinander trennbar. Obwohl sich seine Bildfindung im Bereich des Figurativen-Gegenständlichen bewegt, steht der Betrachter eindeutig einem gedanklichen Konzept gegenüber. Er kann alles,was er sieht beschreiben, benennen, doch den übergeordnet gedachten Inhalt – das nicht unmittelbar Sichtbare – erfaßt er nicht sofort.

Holger Bunks Formfindungen bestehen aus zwei immer wiederkehrenden Elementen: Raum und Mensch. Der dargestellte menschliche Körper, der keine individuelle Charakteristik zeigt, sondern eher als Typ, allgemeiner menschlicher Körper ohne besondere Bestimmungen erscheint, steht isoliert im Raum. Auch der Raum ist nicht klardefinierbar. Weder ist er streng geometrisch konstruiert, noch so in der Realität anzutreffen. Mit seinen Verkantungen und verdrehtenRaumachsen scheint dieser geformte, surreal anmutende Raum absurd in Hinblick auf die Wirklichkeit und logisch in sich selbst. Die typenhaften Figuren, die isoliert im unbestimmten Raum stehen,geben Bunks Bildern eine szenarische und stillebenartig-statische Prägung. Die Herkunft von Figur und Raum, ihr Kontext und der Zusammenhang der Teile erscheint unklar, doch diese unklaren Teile können als Ganzes begriffen werden,. Wie vorher schonerwähnt, hängen Machen und Denken bei Bunk zusammen. Das Gedachte läßt sich in den Bildern durch das Gemachte aufspürenund erfassen. Das Bild ist die vermittelnde Ebene zum gedanklichen künstlerischen Konzept.

Die beiden in der Artothek im Bonner Kunstverein befindlichenWerke Holger Bunks „Loop“ und „Lover Boy“ weisen ebenfalls jeweils eine isoliert im Raum stehende Figur auf. Bei „Loop“ handeltes sich bei der Figur um einen männlichen Akt, der von der Körperstatur und der Körperhaltung (Kontrapost mit Stand- undangewinkeltem Spielbein) her an die Antike erinnert. Die Figur steht auf zwei geometrischen, vom Raum gebildeten Flächen, diepodestartig wirken. Eine tiefe schwarze Fläche und eine verkantete, sternartige weißen Fläche entsteht, können an eine Öffnung denkenlassen und höhlenartige Enge suggerieren. Wie ein Ornament wendet und schlingt sich ein endloses Band in Bögen um die Figur. Die eigentliche Tiefenwirkung des Bildes wird durch die Position und Proportion des Menschen zum Raum hervorgerufen. Dadurch, daßdie menschliche Figur keine persönlichen Züge zeigt, kann der Betrachter sich mit ihr identifizieren und sich so selber in dieseRaumsituation hineindenken. Auch „Lover Boy“ ist eine isoliert im Raum stehende Figur, die eineFahne trägt, auf der ein Herzsymbol zu sehen ist. Die Figur scheint, bedingt durch die vorwärtsdrängende Schrittstellung und den leichtnach vorne gebeugten Oberkörper, vor allem aber durch die Fahne, ein Protesthaltung einzunehmen.


Jutta Voorhoeve, 4/93